Rechtschreibung gehört zu den wichtigsten Basisfertigkeiten, die in der Grundschule neben dem Lesen und dem Kopfrechnen vermittelt werden sollen. Rechtschreibung wird im Fach Deutsch im Rahmen von Diktaten oder Rechtschreibproben überprüft und fließt so direkt in die Zeugnisnote im Fach Deutsch mit ein. Auch Aufsätze werden bei einer deutlich erhöhten Fehlerzahl abgewertet. Wenn keine Legasthenie vorliegt sollten eigentlich alle Kinder – bei ausreichendem und richtigem Training – zufriedenstellende Fertigkeiten in der Rechtschreibung erzielen können.
Die Rechtschreibung stellt also eine wichtige Basisfertigkeit dar, die benotet wird und über den Übertritt zu einer weiterführenden Schule (Realschule oder Gymnasium) mitentscheiden kann. Leider wird nach meiner Erfahrung die Rechtschreibung in der Grundschule nicht immer ausreichend trainiert und insbesondere die schwächeren Schüler erhalten häufig nicht die Übungsmöglichkeit, die sie benötigen. Teilweise kommt es auch vor, dass geübt wird, die durchgeführten Übungen jedoch nicht so effektiv sind. Hier sind also oft die Eltern gefragt, die mit ihren Kindern häufig zu Hause regelmäßig üben müssen bzw. sollten.
Stufen des Schriftspracheerwerbs
Man unterscheidet beim Schriftspracheerwerb etwas vereinfacht 3 Stufen: die alphabetische Rechtschreibstufe, die orthografische Rechtschreibstufe und die morphematische Rechtschreibstufe. Diesen Rechtschreibstufen werden entsprechende Rechtschreibstrategien zugeordnet, die Kinder entsprechend ihrer Stufe lernen sollen.
Alphabetische Rechtschreibstufe = Alphabetische Rechtschreibstrategie
Die alphabetische Rechtschreibstrategie wird in den ersten zwei Schulklassen erlernt. Die Kinder lernen die Buchstaben (Laute) aus den Wörtern herauszuhören und alle hörbaren Laute aufzuschreiben. Die folgenden Wörter sind Fehler, die auf eine mangelnde alphabetische Rechtschreibstrategie zurückzuführen sind:
Auslassungsfehler:
Garte (Garten), Himme, (Himmel), brachen (brauchen), bauchen (brauchen)
Hinzufügungen:
sagenen (sagen), leinten (leiten), reibnen (reiben), Berke.
Vertauschungen:
lieder (leider), Quardat (Quadrat).
Am häufigsten kommen Auslassungsfehler vor. Verbesserungen können über ein Training der Laut-Grafem-Zuordnung, dem Einüben der Verschriftung schwieriger Laute (z.B. qu, sp), einem Training der phonologischen Bewusstheit und dem Erlernen des synchronen Sprechschreibens erzielt werden. Letzteres ist dabei – bei angenommener Buchstabensicherheit – die wichtigste Komponente. Ein entsprechendes Trainingsprogramm findet sich hier.
Die Kinder der 1. und 2. Klasse, die auf dieser Ebene Schwierigkeiten haben, verfügen auch immer Fehler auf der orthografischen Ebene. Diese Fehler stören in der ersten und zweiten Klasse jedoch noch nicht, da von den Kindern noch nicht erwartet wird, dass sie die orthografische Rechtschreibstrategie beherrschen. Diese Fehler werden dann aber recht schnell ab der dritten Klasse relevant. Nachdem die Kinder die alphabetische Rechtschreibstufe beherrschen müssen sie also die orthografische Rechtschreibstrategie erlernen.
Orthografische Rechtschreibstufe = orthografische Rechtschreibstrategie
Hier nun einige Fehler der orthografischen Rechtschreibstrategie:
liben (lieben), Lerer (Lehrer), Gertner (Gärtner), Fas (Fass), Fater (Vater), Hunt (Hund), Keler (Keller)
Alle Wörter wurden lautgetreu perfekt verschriftet, das Kind verfügt also über eine sehr gute alphabetische Rechtschreibstrategie. Die orthografische Rechtschreibstrategie ist jedoch noch deutlich verbesserungswürdig: es fehlt das ie, das Dehnungs-h, das e wurde mit dem ä verwechselt und die Regeln der Konsonantenverdopplung bei dem Wort Fass nicht beachtet.
Verbesserungen können durch das Erlernen von Rechtschreibregeln in Kombination mit dem Auswendiglernen wichtiger und häufig vorkommender Wörter erzielt werden. Ein gutes Programm, dass die Rechtschreibregeln den Kindern schrittweise näher bringt und zahlreiche Übungen bietet ist das Münchner Rechtschreibtraining. Es wurde für Grundschulkinder mit Legasthenie entwickelt, kann aber auch bei Kindern durchgeführt werden, die Schwierigkeiten im Sinne einer Lese-Rechtschreibschwäche aufweisen. Es kombiniert dabei das Erlernen und Anwenden von Rechtschreibregeln mit dem Vorgehen der Lernkartei. Weitere Informationen gibt es hier.
Morphematische Rechtschreibstufe = Morphematische Rechtschreibstrategie
Die morphematische Stufe bzw. die richtige Anwendung der morphematischen Rechtschreibstrategie umschreibt den flexiblen Umgang mit Morphemen. Das Kind lernt, den Wortstamm eines Wortes herauszufinden, erkennt Vorsilben (ge-, be-, ver-, vor-) und kann auch Nachsilben richtig verschriften, z.B. -ung, -heit, -keit, -lich. Das Kind lernt ein Wort als in „Blöcke“ (Morpheme) zu zerlegen:
ver-trau-en, könig-lich, Sack-gasse.
Wie verbessert man also die Rechtschreibung?
- Kinder der ersten und zweiten Klasse üben die alphabetische Rechtschreibstrategie. Ein Trainingsprogramm findet sich hier.
- Schwächere Kinder der dritten Klasse sichern erst noch einmal die alphabetische Rechtschreibstrategie und beginnen dann, die orthografische Rechtschreibstrategie in Kombination mit der Lernkartei zu erlernen, z.B. mit Hilfe des Münchner Rechtschreibtrainings bzw. bearbeiten hier die kostenlosen Trainingsblätter zur orthografischen Stufe (z.B. d/t)
- Kinder der vierten Klasse weisen vermutlich nur Fehler der orthografischen Rechtschreibstratgie auf. Sie führen ein entsprechendes Trainingsprogramm durch und üben auch parallel mit der Lernkartei.
- Haben die Kinder der dritten und vierten Klasse ausreichend Fortschritte gemacht, werden Übungen zur morphematischen Rechtschreibstrategie durchgeführt, um weitere Verbesserungen zu erzielen.